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GEMEINNÜTZIGKEIT, AUSLEGUNG DER SATZUNG |
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Gemeinnützigkeit - Auslegung aller Satzungsbestimmungen erforderlich - Vereinszweck Förderung der Kameradschaft - Entscheidung über Gemeinnützigkeit im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren
BFH-Urteil vom 11.3.1999 - VR 57, 58/96
Ein Verein, der satzungsgemäß einem gemeinnützigen Zweck dient, verfolgt diesen auch dann ausschließlich, wenn in der Satzung neben dem gemeinnützigen Zweck als weiterer Vereins- zweck "Förderung der Kameradschaft" genannt wird und sich aus der Satzung ergibt, dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird, die aus der gemeinnützigen Vereinstätigkeit folgt.
AO 1977 § 52 Abs. 1 Satz 1, §§ 56, 59, 60 Abs. 1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. In § 2 der in den Streitjahren geltenden Satzung war der Vereinszweck wie folgt bezeichnet:
"Der Verein dient zur Förderung der Kameradschaft, der musikalischen Betätigung und der kulturellen Bestrebungen. Er dient insbesondere der Förderung der Bildung und Erziehung der Jugend auf dem Gebiet der Musik, darüber hinaus auch der musikalischen Verständigung der Menschen miteinander. Sämtliche Einnahmen werden zur Erfüllung dieses Zwecks verwandt, Der Satzungszweck wird verwirklicht durch die Pflege des Vereinslebens, Ausbildung der jugendlichen Vereinsmitglieder, Konzerte, Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen im In- und Ausland...".
Der Kläger erzielte Umsätze aus der Darbietung von Musik Das FA versagte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes mit der Begründung, der Kläger verfolge nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Es unterwarf deshalb die Umsätze des Klägers dem Regelsteuersatz von 14 v.H. Die Einsprüche blieben in diesem Punkt erfolglos. Das FG Köln wies die Klagen insoweit als unbegründet zurück, als der Kläger die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrte (EFG 1997, 186). Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Aus den Gründen:
Entgegen der Ansicht des FG kann die Gemeinnützigkeit nicht mit der Begründung verneint werden, der Kläger verfolge nicht ausschließlich einen gemeinnützigen Zweck.
1. Die Revision ist allerdings entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb begründet, weil seine Umsätze gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei wären. Die Anwendung der Vorschrift würde eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde voraussetzen, dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben wie von der öffentlichen Hand getragene Orchester, Kammermusikensembles oder Chöre erfüllt. Eine derartige Bescheinigung lag im Zeitpunkt der Vorentscheidungen nicht vor und war damals auch nicht beantragt.
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Entscheidung über Gemeinnützigkeit bei Körperschaftsteuerveranlagung
2. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG ermäßigt sich die USt für die Umsätze der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgen. Eine Körperschaft verfolgt gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Nach §§ 59, 60 AO 1977 muss sich - neben weiteren Voraussetzungen - der begünstigte Zweck aus der Satzung ergeben und er muss - ebenso wie die Art seiner Verwirklichung - so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind.
a) Entgegen der Ansicht des FA ist dem Kläger die Steuervergünstigung nicht deshalb zu versagen, weil das FG im Rahmen seiner Entscheidung zur KSt der Streitjahre die Gemeinnützigkeit des Klägers verneint hat. Ein besonderes Verfahren für die Anerkennung einer Körperschaft als steuerbegünstigt und für den Umfang der Steuervergünstigung besteht nicht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder Steuervergünstigung aufgrund der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke ist allein im Veranlagungsverfahren für die jeweilige Steuer und den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu entscheiden. Dass die Gemeinnützigkeit des Klägers im Verfahren wegen KSt verneint worden ist, hat mithin keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit (BFH-Urteil vom 30.11.1995 V R 29/91, BStBl II 1997, 189).
Ausschließlich gemeinnütziger Zweck
b) Aus der Satzung des Klägers ergibt sich nicht, dass er nicht ausschließlich einen gemeinnützigen Zweck verfolgt.
Gem. § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 ist - unter weiteren Voraussetzungen - die Förderung von Kunst und Kultur als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen. Diese Anforderung erfüllt der Kläger, da er nach seiner Satzung der Förderung der musikalischen Betätigung dient. Es ergibt sich aus der Satzung des Klägers, dass er diesem Zweck ausschließlich dient. Die Erwähnung der "Förderung der Kameradschaft" im Zusammenhang mit der Beschreibung des Satzungszwecks bedeutet nicht, dass der Kläger neben der musikalischen Betätigung einen weiteren, nicht begünstigten Zweck fördert.
Begriff der Kameradschaft wertneutral
aa) Unter Kameradschaft ist - wie das FA in der Einspruchsentscheidung ausgeführt hat - die sich aus gemeinsamem Erleben innerhalb einer Gruppe von Menschen ergebende, gegenseitige Verbundenheit zu verstehen, aufgrund derer jeder für den anderen einzutreten bereit ist. Kameradschaft entsteht durch ein gemeinsames Tun oder das gemeinsame Verbringen eines Zeitabschnitts.
Dies ergibt sich aus der Verwendung des Worts Kamerad in Zusammensetzungen des allgemeinen Sprachgebrauchs: Spielkamerad, Schulkamerad, Sportkamerad, Arbeitskamerad, Kriegskamerad. Diese und andere Kameradschaften können ebenso wie Freundschaft oder Kollegialität - aus der Sicht der Allgemeinheit positiv oder negativ zu bewerten sein denn Kameradschaft kann auch bei sozialschädlichem Verhalten etwa durch kriminelle Handlungen. entstehen. Unter dem Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit ist Kameradschaft daher wertneutral. Für die Frage der Gemeinnützigkeit kommt es allein darauf an, ob das Verhalten auf dessen Grundlage Kameradschaft sich entwickeln oder gepflegt werden kann, dem allgemeinen Besten i. S. des § 52 Abs. 1 Salz 1 AO 1977 dient.
bb) Dementsprechend hat der BFH im Urteil vom 31.10.1963 1 320/61 U (BStBl III 1964, 20) entschieden, dass ein Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck in Kameradenhilfe und Kameradschaftspflege unter den Angehörigen eines ehemaligen Wehrmachtsgruppenteils besteht, keinen gemeinnützigen Zweck verfolgt. Es ging um Kameradschaft, die bereits aus früherem gemeinsamen Erleben entstanden war und im wesentlichen nur durch die Veranstaltung. von Zusammenkünften aufrechterhalten werden konnte, bei denen Geselligkeit und Unterhaltung eine ausschlaggebende Rolle spielten. Das der Förderung der Kameradschaft dienende Verhalten, nämlich geselliges und unterhaltsames Zusammentreffen, stellt sich jedoch nicht als gemeinnütziger Zweck dar.
Hingegen hat der BFH im Urteil vom 14.9.1994 I R 153/193 (BStBl II 1995, 499) die Erwähnung der Förderung der Kameradschaft für die Gemeinnützigkeit des betreffenden Vereins als unschädlich erachtet. Der Verein diente den gemeinnützigen Zwecken Modellbau und Modellsport. Es beeinträchtigte die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht, dass nach der Satzung als mittelbares Ziel die Förderung der Kameradschaft verfolgt werden sollte.
Formelle Satzungsmäßigkeit
cc) Aus der Satzung des Klägers ist (noch) hinreichend genau erkennbar, dass er ausschließlich der musikalischen Betätigung dient und die Förderung der Kameradschaft nur als mittelbare Folge dieser Betätigung angestrebt wird. Zwar müssen gem. § 60 Abs. 1 AO 1977 die Satzungszwecke so genau beschrieben sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind (sog. formelle Satzungsmäßigkeit). Dieser formellen Satzungsmäßigkeit ist jedoch genügt, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben (BFH-Urteil vom 13.08.1997 I R 19/96, BStBl II 1997, 794). Hierzu ist von Bedeutung, dass sich der Kläger "Musikverein" nennt; dieser Name konkretisiert den Vereinszweck. Ferner ist aus § 2 Satz 2 der Satzung ersichtlich, dass die Vereinstätigkeit schwerpunktmäßig ("insbesondere") in der musikalischen Ausbildung der Jugend besteht. Schließlich soll gem. Satz 3 der genannten Vorschrift der Vereinszweck durch Konzerte und Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen verwirklicht werden. Die Gesamtschau dieser Satzungsbestimmungen zeigt (noch) hinreichend klar, dass der Kläger ausschließlich der musikalischen Betätigung, d. h. einem gem. § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 gemeinnützigen Zweck, dient.
3. Da das FG von anderen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen ist, waren die Vorentscheidungen aufzuheben. Die Sachen sind nicht spruchreif. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht die weiteren Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit des Klägers geprüft und die erforderlichen Feststellungen getroffen. Die Sachen gehen zurück, damit das FG diese Prüfung nachholen kann.
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Bewirtschaftungsrecht als wirtschaftlicher Geschäf | Pflicht zur Lohnkürzung
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