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VERPFLICHTUNG ZUR AUSKUNFTSERTEILUNG
 

Die Vorstandsmitglieder sind als Beteiligte nach § 90 Abs. 1 AO verpflichtet, bei der Ermittlung des für die Haftung maßgebenden Sachverhalts mitzuwirken. Nach dieser Bestimmung haben Sie insbesondere die für die Heranziehung zur Haftung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen und die Ihnen bekannten Beweismittel anzugeben.

Der Beteiligte ist gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 FGO wie nach § 90 Abs. 1 AO 1977 verpflichtet, sich über alle tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend zu erklären. Die Mitwirkungspflicht ist Teil des Untersuchungsgrundsatzes, indem sie den Beteiligten verpflichtet, an den von Amts wegen durchzuführenden Untersuchungen mitzuwirken (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. März 1985 I R 7/81, BFHE 145, 502, BStBl II 1986, 318, und vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462).


 

Grundsätzlich ist die als Haftungsschuldner in Betracht kommende Person einer juristischen Person im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht verpflichtet, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum zu erteilen (Senatsurteil vom 11. Juli 1989 VII R 81/87, BFHE 157, 315, BStBl II 1990, 357).

Der gesetzliche Vertreter einer juristischer Person kommt seiner Mitwirkungspflicht nach, indem er mitteilt, das FA gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt zu haben, und indem er im übrigen auf die beim Verwalter befindlichen Buchführungsunterlagen verweist, weil er weitere Angaben aus dem Gedächtnis nicht machen könne. Der gesetzliche Vertreter einer juristischer Person ist nicht verpflichtet, den vom Gericht eingesetzten Verwalter im Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsverfahren / Insolvenzverfahren (künftig: Verwalter) aufzusuchen und sich durch Einsicht in die dort befindlichen Buchführungsunterlagen die Möglichkeit zur Erteilung der geforderten Auskünfte über die finanzielle Situation der juristischen Person im maßgebenden Zeitraum zu verschaffen.

Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 AO 1977, der gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, hat der gesetzliche Vertreter einer juristischer Person als auskunftspflichtiger Haftungsschuldner, der die Auskunft nicht aus dem Gedächtnis geben kann, Bücher, Aufzeichnungen und Geschäftspapiere nur insoweit zur Erteilung einer Auskunft heranzuziehen, als diese ihm zur Verfügung stehen. Die beim Verwalter befindlichen Buchführungsunterlagen stehen dem gesetzliche Vertreter einer juristischer Person jedoch nicht mehr zur Verfügung. Unerheblich ist insoweit, ob sich der Verwalter bereit erklärt, dem gesetzlichen Vertreter der juristischen Person in den Geschäftsräumen des Verwalters in diese Unterlagen Einblick zu gewähren. Denn zur Verfügung stehen nur solche Unterlagen, die sich in der Verfügungsmacht des Auskunftspflichtigen befinden oder hinsichtlich derer er einen Herausgabeanspruch hat (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 16. Februar 1934 V e A 727/33, RStBl 1934, 259, und vom 6. Juni 1934 IV A 42/34, RStBl 1934, 823, 825; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 90 AO 1977 Rz. 51, 52; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 93 AO 1977 Anm. 4; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 97 AO 1977 Rz. 2 letzter Absatz). Kann der gesetzliche Vertreter einer juristischer Person nur aufgrund einer besonderen Erlaubnis des Verwalters in dessen Geschäftsräumen einsehen, so stehen sie ihm tatsächlich nicht zur Verfügung (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 93 AO 1977 Rz. 51). Insoweit kommt es nicht auf die räumliche Entfernung an, die den Auskunftspflichtigen von den Geschäftsräumen des Verwalters trennt, sondern allein darauf, dass der Auskunftspflichtige über die Unterlagen, der er zur Stützung seines Gedächtnisses bedarf, tatsächlich nicht selbständig verfügen kann.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der gesetzliche Vertreter einer juristischer Person einen Herausgabeanspruch hinsichtlich der Buchführungsunterlagen gegen den Verwalter dergestalt hätte, dass er die Übersendung der notwendigen Unterlagen an sich verlangen könnte.

Gemäß § 92 S. 2 Nr. 1 AO ist das Finanzamt berechtigt, Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einzuholen. Die Auskunftspflicht selbst regelt sich nach § 93 Abs. 1 AO. Danach haben die Beteiligten und andere Personen dem Finanzamt die zur Feststellung des für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts (hier für die Haftungsinanspruchnahme) erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen (§ 93 Abs. 3 S. 1 AO). Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, sind verpflichtet, Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die Ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen (§ 93 Abs. 3 S. 2 AO).

Es sei darauf hingewiesen, dass das Finanzamt

- bei auftretenden Zweifeln an der Richtigkeit Ihrer Angaben die Vorlage der in Frage kommenden Geschäftsunterlagen zur Einsicht und Prüfung verlangen oder sie an dem Ort, wo die Unterlagen aufbewahrt werden, durch einen beauftragten Bediensteten selbst einsehen kann (vgl. § 97 AO).

- bei unterbliebener oder unzureichender Auskunftserteilung berechtigt ist, diesen Umstand frei zu würdigen. Fehlen andere Anhaltspunkte, kann das Finanzamt die mangelnde Mitwirkung eines Beteiligten bei Sachverhalten, die in seinem Wissens- und/oder Einflussbereich liegen, gegen ihn verwerten. Das Finanzamt kann dabei von einem für den Beteiligten ungünstigen Sachverhalt ausgehen, sofern dieser einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat.

- die Erteilung der Auskünfte auch durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern nach Maßgabe der §§ 328 ff AO durchsetzen kann.


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